Ijob 9

Ijobs Gegenrede: 9,1 - 10,22

Gottes Macht: 9,1-13

1 Da antwortete Ijob und sprach:

2 Wahrhaftig weiß ich, dass es so ist: /
 
Wie wäre ein Mensch bei Gott im Recht! 1

3 Wenn er mit ihm rechten wollte, /
 
nicht auf eins von tausend könnt er ihm Rede stehen.

4 Weisen Sinnes und stark an Macht - /
 
wer böte ihm Trotz und bliebe heil?

5 Er versetzt Berge; sie merken es nicht, /
 
dass er in seinem Zorn sie umstürzt. 2

6 Er erschüttert die Erde an ihrem Ort, /
 
sodass ihre Säulen erzittern. 3

7 Er spricht zur Sonne, sodass sie nicht strahlt, /
 
er versiegelt die Sterne. 4

8 Er spannt allein den Himmel aus /
 
und schreitet einher auf den Höhen des Meeres.

9 Er schuf das Sternbild des Bären, den Orion, /
 
das Siebengestirn, die Kammern des Südens. 5

10 Er schuf so Großes, es ist nicht zu erforschen, /
 
Wunderdinge, sie sind nicht zu zählen. 6

11 Zieht er an mir vorüber, ich seh ihn nicht, /
 
fährt er daher, ich merk ihn nicht. 7

12 Rafft er hinweg, wer hält ihn zurück? /
 
Wer darf zu ihm sagen: Was tust du da? 8

13 Gott hält seinen Zorn nicht zurück, /
 
unter ihm mussten selbst Rahabs Helfer sich beugen. 910

Die Ohnmacht des Menschen: 9,14-35

14 Wie sollte denn ich ihm entgegnen, /
 
wie meine Worte gegen ihn wählen?

15 Und wär ich im Recht, ich könnte nichts entgegnen, /
 
um Gnade müsste ich bei meinem Richter flehen.

16 Wollte ich rufen, würde er mir Antwort geben? /
 
Ich glaube nicht, dass er auf meine Stimme hört.

17 Er, der im Sturm mich niedertritt, /
 
ohne Grund meine Wunden mehrt,

18 er lässt mich nicht zu Atem kommen, /
 
er sättigt mich mit Bitternis.

19 Geht es um Kraft, er ist der Starke, /
 
geht es um Recht, wer lädt mich vor?

20 Wär ich im Recht, mein eigener Mund spräche mich schuldig, /
 
wäre ich gerade, er machte mich krumm.

21 Schuldlos bin ich, doch achte ich nicht auf mich, /
 
mein Leben werfe ich hin.

22 Einerlei; so sag ich es denn: /
 
Schuldlos wie schuldig bringt er um. 11

23 Wenn die Geißel plötzlich tötet, /
 
spottet er über der Schuldlosen Angst.

24 Die Erde ist in Frevlerhand gegeben, /
 
das Gesicht ihrer Richter deckt er zu. /
 
Ist er es nicht, wer ist es dann?

25 Schneller als ein Läufer eilen meine Tage, /
 
sie fliehen dahin und schauen kein Glück. 12

26 Sie gleiten vorbei wie Kähne aus Schilf, /
 
dem Adler gleich, der auf Beute stößt.

27 Sage ich: Ich will meine Klage vergessen, /
 
meine Miene ändern und heiter blicken!,

28 so graut mir vor all meinen Schmerzen; /
 
ich weiß, du sprichst mich nicht frei.

29 Ich muss nun einmal schuldig sein, /
 
wozu müh ich mich umsonst?

30 Wollte ich auch mit Schnee mich waschen, /
 
meine Hände mit Lauge reinigen, 13

31 du würdest mich doch in die Grube tauchen, /
 
sodass meinen Kleidern vor mir ekelt.

32 Denn du bist kein Mensch wie ich, /
 
dem ich entgegnen könnte: /
 
Lasst uns zusammen zum Gericht gehen! 14

33 Gäbe es doch einen Schiedsmann zwischen uns! /
 
Er soll seine Hand auf uns beide legen.

34 Er nehme von mir seine Rute, /
 
sein Schrecken soll mich weiter nicht ängstigen; 15

35 dann will ich reden, ohne ihn zu fürchten. /
 
Doch so ist es nicht um mich bestellt.

1 ℘ Ps 143,2
2 ℘ Ps 46,3; Jes 13,13
3 Die Erde steht nach israelitischer Anschauung auf Säulen (vgl. Ps 75,4).
4 ℘ Bar 3,34f
5 ℘ Am 5,8
6 ℘ 5,9
7 ℘ 23,8f
8 ℘ Weish 12,12
9 ℘ 26,12; Ps 89,11
10 Rahab ist Name für das Urchaos oder für das mythische Chaosmeer.
11 ℘ Koh 9,2
12 ℘ Weish 5,9
13 ℘ Ps 51,9; Jes 1,18; Jer 2,22
14 ℘ Koh 6,10
15 ℘ 13,21